Langsam wachen wir Deutschen aus dem trügerischen Gefühl des ewigen Friedens in Europa auf. Die meisten von uns hatten sich daran gewöhnt, dass wir selbst - geschützt in der Solidarität der NATO und auch der EU – nie mehr unmittelbar vom Krieg getroffen werden könnten.
Nun stellt sich heraus, dass das eine Fehlannahme war und ist. Der russische Präsident Putin führt nicht nur einen grausamen Vernichtungskrieg gegen die Ukraine, sondern droht der Ukraine und anderen mit Massenvernichtungswaffen.
In Reden und Schriften spricht er von der Wiedererrichtung des Zarenreiches, das ein Kolonialreich war. Er zeigt in diesen Tagen, dass er das ernst meint und Krieg als Mittel einsetzt.
Da seine Ziele über die Ukraine hinausgehen und z.B. die NATO – und EU-Mitgliedsländer dazugehören, ist eine Ausdehnung auf NATO-Gebiet und damit unmittelbarer Krieg auch für uns reale Gefahr geworden.
Auch sagt Putin offen, dass die Nationen, die sich vom sowjetischen Joch vor dreißig Jahren befreit haben, wieder in die russische Einflusszone eingegliedert werden müssten. Also freie Bahn bis an die deutsche Ostgrenze oder die Elbe?
Er sagt das, fordert es, schreibt das in Vertragsentwürfe. Wir sollten ihn ernst nehmen. Wir sollten wie Churchill denken, nicht wie Chamberlain.
Ein Diktator dieser Art ist nicht durch den Verkauf einiger Völker zu bremsen.
Da die NATO zu Recht eine direkte militärische Konfrontation mit Putin vermeiden möchte, müssen wir aber bereit sein, ihm die Aussichtslosigkeit seines Unterfangens noch deutlicher als bisher machen.
Jetzt den Mut zu haben, trotz aller damit verbundenen Unbequemlichkeiten und Opfern auf russisches Gas und Öl zu verzichten, könnte einen größeren Krieg verhindern.
Wenn die Bundesregierung und der Westen im Januar so klar und einig gewesen wären, hätte es den Krieg gegen die Ukraine wohl nicht gegeben. Wir sollten nicht wieder zu langsam sein und dann doch gezwungen werden es zu machen, ohne die präventive Wirkung zu nutzen.
Die Regierung muss den Mut haben, den Bürgern die Wahrheit zu sagen. Sie wären dann auch bereit, für einen überschaubaren Zeitraum die Lasten zu tragen, wenn größeres Unglück vermieden werden könnte.
Putin muss gestoppt werden.
Elmar Brok
Berater der Münchner Sicherheitskonferenz